Mies 1:1
Fotografien von Reiner Jungnitsch
zu "Mies 1:1 - Das Golfclubprojekt"
Ludwig Mies van der Rohe (1886–1969) Bauhaus-Architekt gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Er war von 1910 bis 1938 in Europa und anschließend in den USA tätig und trat vor allem als Berliner Avantgardist und Begründer des International Style in Erscheinung. Wenig bekannt ist, dass Mies van der Rohe zehn Jahre lang fast ausschließlich für einen kleinen Kreis von Bauherren in Krefeld arbeitete. Seit den 1920er Jahren war ein enges Netzwerk zwischen dem dort ansässigen Branchenverband der deutschen Seidenindustrie, dem Deutschen Werkbund, Vertretern des Bauhauses und der Szene der Avantgardekunst entstanden. Zum Teil gemeinsam mit seiner Partnerin Lilly Reich verwirklichte Mies ab 1927 mehrere Projekte für Krefelder Auftraggeber, darunter den ersten Messeauftritt des Branchenverbandes in Berlin, das „Café Samt und Seide“, den Pavillon „Deutsche Seide“ für die Weltausstellung in Barcelona 1929, sein einziges Fabrikgebäude, private Aufträge wie die Häuser der Fabrikanten Hermann Lange und Josef Esters (heute Kunstmuseen Krefeld) sowie eine Wohnungseinrichtung. Nie realisiert wurde ein im Rahmen eines Wettbewerbs erstellter Entwurf Mies van der Rohes für das Clubhaus des 1930 neu gegründeten Krefelder Golfclubs.
Das 50 Meter lange und sieben Meter breite Vordach zählt zu den spektakulärsten Details und verschafft dem Gebäude ein nahezu futuristisches Entree.
Der 2010 ins Leben gerufene Verein „Mies van der Rohe in Krefeld“ möchte die Geschichte dieser ungewöhnlich ausdauernden und vielfältigen Auftragsserie durch Forschung und Ausstellungen aufarbeiten und für die Zukunft nutzbar machen. Zu diesem Zweck wurde unter Leitung der Kuratorin Christiane Lange des belgischen Architekten Paul Robbrecht ein temporäres, präzise auf den im Nachlass erhaltenen Planungsunterlagen basierendes Modell des Golfclub-Projekts in Originalgröße am ursprünglichen Standort auf dem Krefelder Egelsberg errichtet. Das Gebäude bestand zum größten Teil aus Holz, die Oberflächen weiß geschlämmt, ein Stahlskelett als Grundkonstruktion, der Boden bestand aus 1x1 Meter Betonplatten oder Kies. Auf dem Höhepunkt der europäischen Karriere Mies van der Rohes geplant, weist dieser Entwurf die reife, vollendete Formensprache des Architekten auf. Wie kaum ein anderer Entwurf führt er Mies Bestreben vor, Architektur und Landschaft mit einander zu verzahnen. Für den höchsten Punkt des Areals plante Mies sein genau an den Himmelsrichtungen ausgerichtetes Gebäude wie ein asymmetrisches Kreuz auf der Hügelkuppe mit weit in die Natur ausgreifenden Baukörpern.
Peter Welz - Videokünstler
Projektionen der "Villa Malaparte-Capri" auf die
Wandscheiben des begehbaren Architekturmodell" Mies 1:1"
am 29. September 2013 in der Zeit von 18:00-20:00 Uhr
Fotografien - Reiner Jungnitsch